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Jochen Stelzer
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Das Projekt Fernsehen

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Ein herzliches Hallo zu Ihnen in die insel.
Ich bin Jochen Stelzer, Mitglied der Marler-Gruppe seit 1975 und war von 1983-2006 Kursleiter der Marler-Gruppe.
Ich wurde gebeten ein Grußwort an Sie zu richten, was ich sehr gerne tue. Es wird etwas länger; nicht 1:30 wie von den Fernsehnachrichten her gewohnt. Und damit wäre ich auch schon beim Fernsehen, das Thema dieser Ausstellung und in den kommenden Wochen und Monaten.

Das Projekte Fernsehen des Deutschen Volkshochschulverbandes feiert Jubiläum: 50 Jahre Adolf-Grimme-Preis. Dieser hoch geschätzte Preis für Qualitätsfernsehen hat seine Wurzeln hier in Marl. Anlass genug, ihn und seine Wirkung auf die Fernsehlandschaft mit vielfältigen Veranstaltungen zu würdigen. Unsere Ausstellung, zu der ich Sie recht herzlich begrüße, dokumentiert die Medienarbeit der Marler-Gruppe, der fernsehkritischen Arbeitsgemeinschaft der Insel, die das Anliegen des Adolf-Grimme-Preises seit über 45 Jahren zum Kursinhalt macht.
In den Statuten des Preises heißt es: Aufgabe ist die Vermittlung gemeinsamer Grundfähigkeiten. Fähigkeit zum kritischen lesen und hören; zum freien Sprechen und zur sachlichen Haltung in Diskussion und in Debatten. Zur politischen Grundbildung gehört auch der richtige Umgang mit Rundfunk, Fernsehen, Film und Presse.

Bert Donnepp, Gründungsvater des Adolf-Grimme-Preises, interpretierte dieses Statut als Auftrag an die Volkshochschulen, für eine ständige, ganzjährliche Auseinandersetzung mit dem Medium Fernsehen.
Adolf-Grimme-Preis und Marler-Gruppe gehören daher zusammen, nicht nur, weil sie ihre Wurzeln hier in Marl, in der insel haben, sondern weil die Suche nach dem “Besonderen im Alltäglichen Fernsehprogramm„ gemeinsamer Auftrag und Anspruch ist.

In unserer Ausstellung, die Mitglieder der Marler-Gruppe zusammengestellt haben, finden Sie viele unterschiedliche Dokumente und Exponate, die den spannenden und wechselvollen Weg der Marler-Gruppe von 1968 bis heute spiegeln.

Bert Donnepp, die Insel, der Adolf-Grimme-Preis und die Marler-Gruppe gehören untrennbar zur Marler Geschichte. Sie entstanden im “Goldenen Zeitalter“ der Stadt Marl, in einer höchst kreativen, experimentierfreudigen Phase der Stadt, in der Aufbruchstimmung und finanzielle Möglichkeiten viele neue Gestaltungsspielräume eröffneten.

Seit 1968 stellt sich die Marler-Gruppe der spannenden Auseinandersetzung mit dem Fernsehprogramm, in ihren regelmäßigen Kurstreffen und als angesehene Laienjury beim jährlichen Adolf-Grimme-Preis.

Den Anstoß zur Bildung der Marler-Gruppe gaben Ende der 1960er Jahre die öffentlichen Vorführungen der Wettbewerbsbeiträge des jährlichen Grimmepreises im neu erbauten Rathaus. Die Bevölkerung konnte alle Beiträge sehen und per Stimmzettel abstimmen. Es wurde viel und engagiert diskutiert und Bert Donnepp formte aus dieser Diskussionsfreude und den sich beteiligenden Bürgerinnen und Bürgern die Arbeitsgemeinschaft Marler-Gruppe.

Fernsehen als Kulturmedium, Fernsehen als aufklärerisches Medium, Fernsehen als Bildungsmedium. Fernsehen als Instrument der Demokratisierung, letztlich Fernsehen als Beteiligungsinstrument.

All das findet sich in der Kursarbeit der Marler-Gruppe wieder, die mit Stolz das Etikett „fernsehkritische Arbeitsgemeinschaft“ trägt. Die Marler-Gruppe ist heute bundesweit die einzige, kontinuierlich Medienkompetenz vermittelnde Arbeitsgemeinschaft einer Volkshochschule.

1995 startete die Marler-Gruppe das Projekt „Schüler in der Zuschauerjury“. Damit reagierte sie auf das Fehlen junger Kursteilnehmer mit ihren ganz speziellen Sehgewohnheiten. Seither stellt die Marler-Gruppe einige Plätze in der Laienjury für Schülerinnen und Schüler von weiterführenden Schulen zur Verfügung. Eine echte Erfolgsgeschichte.
Auch über dieses Projekt „Schüler in der Zuschauerjury“ informiert unsere Ausstellung.

Die Marler-Gruppe versteht sich seit ihrer Gründung auch als kompetenter Gesprächspartner für Fernsehschaffende und Sendeanstalten. Während der jährlichen Sichtungswoche, beim sogenannten Bergfest zur Halbzeit der Wettbewerbssichtungen und natürlich bei der Grimme-Preisverleihung sucht die Marler-Gruppe den Dialog. Der Adolf-Grimme-Preis und Marl werden so einmal im Jahr zur geschätzten Plattform für fundierte Gespräche zwischen Produzenten und Konsumenten. Aus diesen Gesprächen entwickelten sich u.a. langjährig anhaltende Kontakte z. B. mit den Grimmepreisträgern Marlene Linke, Heinrich Breloer oder Hans-Dieter Grabe, die mehrfach als diskussionsfreudige Gesprächspartner zu den Sitzungen der Marler-Gruppe kamen. - Das Grimme-Institut honorierte schon recht frühzeitig dieses Engagement und die permanente, fernsehkritische Kursarbeit der Marler-Gruppe und etablierte als festen Programmpunkt bei der Preisverleihung die Nennung des Votums unserer Laienjury. 1991 verlieh der Sprecher der Marler-Gruppe zum ersten Mal den Publikumspreis selbst auf der Bühne an Christoph Boekel für die Doku "Die Spur des Vaters". Seit einigen Jahren wird die Bedeutung des Zuschauerpreises durch die Verleihung eines “echten Grimmepreises“ verstärkt.

Die Nutzung des Medium Fernsehen durch uns Konsumenten ändert sich permanent. War das Fernsehen in den 1960er und 1970er Jahren noch für viele Zuschauer ein Informations- Kultur- und Bildungsmedium, reduziert es sich heute in unüberschaubarer Sendervielfalt zur „sozialen Geräuschkulisse“, zum Hintergrundrauschen im Wohnzimmer. Auch mit solchen Entwicklungen befasst sich die Marler-Gruppe.
Scharfsichtig formulierte Günter Gauss schon vor Jahren: … Fernsehen ist heute ein Medium der Bequemlichkeit für den Konsumenten, der Selbsttäuschung, weil er denkt, er weiß alles, denn er hat Es gesehen, - Augenschein ist keine Erkenntnis, sondern eben nur Augenschein.

So betrachtet ist das „Projekt Fernsehen“ des DVV, ist und bleibt auch die Arbeit der Marler-Gruppe, aktuell, notwendig und hat nichts von ihrem Anspruch verloren, Menschen zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Fernsehen zu befähigen.
Ich lade sie herzlich ein, sich mit den gezeigten Exponaten ein wenig Zeit zu nehmen und sie auch als Anstoß zum Wandern und Erinnern an ihre ganz persönliche Fernsehgeschichte zu nutzen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Rundgang durch unsere Ausstellung, gute Gespräche und einen gehaltvollen Abend. Bleiben Sie neugierig und sehen Sie das Fernsehprogramm kritisch!

[Text des Videogrußwortes anläßlich der Ausstellungseröffnung]

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